sei es einem Friedrich Gottlob Hoffmann, der um 1780 neue Akzente/Maßstäbe in der Systematisierung der Produktion und im Vertrieb fand (2015 mit einer fulminanten Ausstellung und Katalog im »Grassi Museum für Angewandte Kunst Leipzig« gewürdigt) oder einem Jean-Joseph Chapuis mit seiner innovativen Erfindung des weltweit ersten schichtverleimten Stuhls in Leichtbauweise um 1805, der den Geist der thonet’sche Möbelrevolution eine Generation vorwegnahm.
Der Schaukelstuhl von Francois Turpin um 1935 reduziert und minimalisiert Modelle Thonets von 1850 um das Wesentliche und ist trotzdem funktionell und bequem. Etwa zur gleichen Zeit entwickelt Karl Schneider, der wie Vertreter des Bauhauses zur aufstrebenden jungen Moderne der Architektur gehörte, ein Typenprogramm für Möbel. Das Sideboard ist das bislang einzig bekannte realisierte Exemplar. Carlo Mo adaptiert 1980 einen archaischen afrikanischen Stuhl, verändert ihn nur unwesentlich durch neue Materialien und betont dadurch seine ursprüngliche, »moderne« Formgebung.
…und nichts ist, wie es scheint…
Ein Bambusstuhl um 1785 ist nicht einfach aus Bambus, sondern ein »fault bamboo«, ein aufwendigst geschnitztes und gefasstes höfisches Möbel als dreidimensionales »tromp d'euil« von Andreas Kirkerup und Erik Pauelsen nach einer Vorlage von William Chambers.
Der außerordentlich reduzierte Entwurf einer Kommode aus Maserholz assoziiert eher die Moderne des 20. Jahrhunderts als ihre tatsächliche Entstehungszeit um 1800!!
…und nach dem 2. Weltkrieg, nach 1945, gab es in Deutschland auch keine »Stunde Null«! Neben dem zugegebenerweise dominanten »Nachkriegskitsch« blüht auch das Vorkriegserbe des Bauhauses, teils heftig umstritten, wieder auf. Deutsche Architekten (und Designer) knüpfen an die internationale Moderne: Max Bill in Ulm, Hans Schwippert im Rheinland; Egon Eiermann gestaltet 1958 den deutschen Pavillion auf der EXPO in Brüssel, Paul Schneider-Essleben entwirft für sein legendäres Mannesmann-Hochhaus in Düsseldorf 1953 den Kugelstuhl PSE58, der weniger bekannte Architekt Hans Mitzlaff verweist mit seinem sehr frühen Boomerang Stuhl auf skandinavisches Design… Und es war ein deutscher Architekt, der 1949 bei einem vom MOMA in New York ausgerufenen internationalen Wettbewerb den ersten Preis für den Entwurf eines »low cost furniture« - zusammen mit einem Amerikaner gewann: Georg Leowald.
Epochenübergreifend zeigen Verknüpfungen, Verwandtschaften, wie zeitlos herausragende Möbelentwürfe sein können und wie problemlos sie sich nebeneinander positionieren. Der Begriff »Crossover« fand vor Jahren den Weg auf die Kunstmessen und Einrichtungsblätter und eröffnete einer jungen Sammlergeneration neue Blickwinkeln und eine andere Wertschätzung einzelner (Kunst-) Objekte: die neu gewonnenen Freiheiten beim Zusammenstellen unterschiedlicher Epochen oder/und Stilrichtungen ermöglichten das Spannungsfeld bei der Wahrnehmung und Einordnung von Kunst zu erhöhen…
…so lässt sich auf einem technisch innovativen Architektentisch um 1800 die Moderne bequem und körpergerecht ablesen…
Von der klassizistischen »Moderne« des 18. Jhd. bis zu den Designern des 20.Jhd - Kunsthandel Georg Böhringer